Die Ägyptische Sammlung im Kunsthistorischen Museum ist aus dem 'Münz- und Antikenkabinett' hervorgegangen; dies war die Bezeichnung der archäologischen und numismatischen Sammlungen in habsburgischem Familienbesitz. Einzelne Erwerbungen fanden sehr früh statt. Die wichtigsten Vermehrungen der Sammlung stammen jedoch aus den Jahren 1821 und 1878 (fast 2000 Objekte). Der Grundstock der Orientalischen Sammlung wurde 1894 gelegt (660 Objekte).
Die Erwerbung von 1821 geht auf die Initiative von Dr. Ernst August Burghardt, einem Arzt aus Stuhlweißenburg/Székesfehérvár, zurück. Bei einer Reise nach Ägypten erwarb er für das österreichische Kaiserhaus ägyptische Antiquitäten aller Art, wie Statuen, Reliefs, Särge, Papyri, Bronzen und vieles andere mehr. Dadurch wuchs der Bestand von einigen Dutzend Objekten auf ungefähr 3800. Die Konsequenz war eine gewisse räumliche und administrative Verselbstständigung der Ägyptischen Sammlung. Dieser Zeitpunkt kann also als ihr Beginn angesehen werden. Die Objekte, die schon vorher erworben worden waren, sind jedoch von besonderem Interesse. Die älteste bekannte Provenienz ist die der spätzeitlichen Statue des Gemnefhorbak* (Inv.- Nr. 62); sie ist bereits um 1560 in Konstantinopel erworben worden. Sehr bemerkenswert ist die Herkunft der Statue des Chai-hapi* (Inv.-Nr. 64). Sie wurde um 1800 in Wien in römerzeitlichen Kontext gefunden; sie gelangte allerdings erst 1825 in die kaiserliche Sammlung. Das Oberteil der Statue eines Mannes aus schwarzem Stein, Spätzeit, Inv. Nr. 20 (der Name des Dargestellten ist nicht erhalten) wurde 1799 von Fürst Stanislaus Poniatowski im Tausch erworben. Der Totenpapyrus des Chensmose* (Inv.Nr. 3859*) von beispielloser graphischer Qualität wurde 1825 von Konsul Drovetti angeboten und von Wien gekauft. Zahlreiche und zum Teil wertvolle und publikumswirksame Antiquitäten gehen auf Schenkungen zurück, die österreichische Kaufleute und Diplomaten machten. Darunter fallen etwa vier von den fünf großen spätzeitlichen Steinsarkophagen sowie zwei überlebensgroße Sachmet-Statuen aus Theben, Inv.- Nr. 77 und 78 (drei weitere Sachmet-Statuen kamen mit der Sammlung Miramar ins Haus), aber auch Stelen, Papyri und andere Objekte.
Die große Erwerbung von 1878 bestand aus dier Sammlung Miramar. Sie war das Werk von Erzherzog Ferdinand Max, des Bruders des regierenden österreichischen Kaisers Franz Joseph (1848-1916); er selbst war ab 1864 Kaiser von Mexiko und wurde als solcher 1867 von den Republikanern hingerichtet. Die Sammlung Miramar kam vor allem in zwei großen Erwerbungen von 1855 bzw. 1865 zustande.
In der Zwischenzeit war die Errichtung des Kunsthistorischen Museums weit fortgeschritten. Es war dazu bestimmt, die Kunstsammlungen aus habsburgischem Familienbesitz in würdiger und zeitgemäßer Form zu präsentieren. Die ägyptische Sammlung nahm darin einen prominenten Platz ein, dementsprechend wurden die Sammlungräume in aufwendiger Weise in ägyptischem Stil gestaltet.
Nach der Jahrhundertwende kamen die wichtigsten Erwerbungen durch wissenschaftliche Ausgrabungen zustande. Am wichtigsten ist die archäologische Tätigkeit von Hermann Junker (1877-1962) auf dem Mastaba-Friedhof der Cheopspyramide in den Jahren vor und nach dem I. Weltkrieg, dank derer in Wien eine schöne und wichtige Sammlung von Denkmälern des Alten Reiches besteht.
Der Schwerpunkt der orientalischen Sammlung sind die Denkmäler der antiken Kultur des Jemen (Südarabien). Der große Grundstock davon sind die Erwerbungen durch den österreichischen Forschungsreisenden Eduard Glaser (1855-1908).